Im allgemeinen Sprachgbrauch beschreibt eine Krise etwas, was wir glauben nicht bewältigen zu können. Etwas so schlimmes, dass wir es einfach nie nie nie, auf gar keinen Fall erleben wollen.
Offizielle Definitionen von Krise:
[griech. Krisis = Entscheidung, Entscheidenden Wendung, Sichtung] bezeichnet eine schwierige Lage, Situation oder Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt.
Die psychologische Definition lautet:
Ein entscheidender, durch besondere innere und/oder äußere Belastungen gekennzeichneter Entwicklungsprozess oder die geistig-körperliche Auseinandersetzung mit einer besonders schwierigen Lebenssituation. www.juraforum.de/lexikon/krise
Und was bedeutet das jetzt?
Es bedeutet, dass wir dem Wort Krise inzwischen eine andere Bedeutung geben. Ursprünglich war klar, dass es sich um eine Entwicklung, einen Prozess handelt.
Ein Wendepunkt, etwas, was eine Ursache, einen Auslöser hatte.
Heute ist es etwas, was uns widerfährt und worauf wir keinen Einfluss nehmen können. Wir fühlen uns machtlos, hoffnungslos. Wir suchen nach schnellen Möglichkeiten wieder dort hin zu gelangen, wo wir vor der Krise waren. Nur, macht das so wirklich Sinn?
Denn schaffen wir das, dann kämen wir ja genau dort hin, wo wir vorher waren. Ein Kreislauf beginnt. Da raus zu kommen wird von Kreis zu Kreis, von Krise zu Krise immer schwerer.
Also zurück zu Start?
Es wäre so unendlich hilfreich, könnten wir zu der ursprünglichen Definition von Krise zurückkehren. > Ein Entwicklungsprozess, eine Wendung, eine besonders schwierige Lebenssituation. Das bedeutet nämlich, dass Lösungen möglich, ja sogar bereits mitgeliefert werden. Auch wenn uns das natürlich nicht bewusst ist, wenn wir drin stecken.
Krisen genauer unter die Lupe genommen:
Aus meiner Sicht gibt es drei hauptsächliche Arten von Krisen:
1. Die Plötzlichen, unerwarteten.
2. Die, die sich schon länger ankündigen, ignoriert werden und sich dadurch immer mehr hoch schaukeln.
3. Die die zum Lebensinhalt werden, zu unserer persönlichen Komfortzone.
Nummer 1. und 2. können durchaus zu Nummer 3 werden.
Was sie unterscheidet?
1. Die Plötzliche: Trifft uns meistens unvorbereitet. Der Auslöser kann mit Datum und Uhrzeit fixiert werden.
2. Die Schleichende. Es gab bereits einige Hinweise oder Ahnungen. Auf die wurde jedoch nicht reagiert. Sie wurden verdrängt. Wir sprechen hier manchmal von Monaten, Jahren und Jahrzehnten.
3. Die Kompfortzone: Auch wenn es schwer ist zu glauben: Unsere Krise wird zu unserer Identität. Wir sind Opfer der Umstände, bekommen Aufmerksamkeit und Mitleid. Wir haben einen Gewinn, der uns in der Krise hält. Wir sind unsere Krise, anstatt sie zu durchleben. Und all das geschieht absolut unbewußt und unschuldig!
Etwas genauer.
1. Die plötzliche Krise:
Eben war noch alles prima und jetzt, von nun auf gleich ist alles anders. Alle Pläne dahin, nichts ist mehr wie früher. Sie trifft uns unerwartet und erwischt uns eiskalt. Meistens dann, wenn wir überzeugt sind, sie am wenigsten gebrauchen können. Und sie ist so heftig, dass wir sie nicht ignorieren können.
Ich war 23 Jahre alt, hatte eben meinen Gesellenbrief als Frisörin bekommen, war erfolgreich an einer Visagisten Schule in Hamburg angenommen worden. Alles super! In meiner Vorstellung wartete eine großartige Karriere auf mich.
Und dann – über Nacht - bekam ich ein dickes Bein und heftige Schmerzen. Diagnose Rheuma! Der erste Schub, ich konnte nicht mal mehr einen Pinsel halten, geschweige denn gehen. Vorzeichen gab aus aus meiner damaligen Sicht keine. Es hat mich unerwartet umgehauen, mir den Boden unter den Füßen weggefegt. Alles was ich vorhatte war nicht mehr möglich. Rumms! Totale, 100%ige Lebenskrise.
2. Die Schleichende: Da ist diese kleine (fiese) innere Stimme. Dieser Spielverderber.
Ach unser Leben ist doch toll. Wir haben einen tollen Job, es gibt einen Partner/in an unserer Seite, das Haus steht und die Kinder sind wohl geraten.
Wäre da nicht dieses Zweifeln, diese innere Unruhe, die Ängste oder das Gefühl das alles zu eng ist, irgend etwas nicht stimmt. Immer lauter, immer eindringlicher wird sie. Laut schreien wir dagegen: Doch alles super! Ich bin glücklich, muss ich doch sein, ich hab doch alles. Alkohol hilft - Schlaftabletten lassen uns schlafen. Muntermacher machen munter und Glücklichmacher glücklich. Nur die Stimme die bleibt. Der Zweifel, die Unruhe. Egal wie viel wir trinken oder was wir sonst unternehmen um sie zum schweigen zu bringen. Sie bleibt.
Ist immer da! Vor allem Nachts, wenn alles andere leise wird.
3. Die Komfortzone: Wenn die einstige Krise zu unserer Identität wird.
Ach, ich würde ja gerne, aber ich kann ja nicht. Mein Körper, meine Kraft, es geht nicht glaub mir. Ich habe ….. ich bin….. Und natürlich habe ich schon alles versucht. Die Ärzte sagen auch, dass sie mir nicht helfen können. Ich hab mich inzwischen damit abgefunden. Es ist wie es ist. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Mir kann eh keiner helfen. Das Leben ist eben kein Ponyhof. Was soll man machen. Resignation total.
Soweit so normal. Aber was kann ich denn nun machen?
Schritt eins: Die Notbremse. Stop! Innehalten und eine ganz reale Bestandsaufnahme machen. Was ist wirklich jetzt, in diesem Moment los. Und jetzt in diesem. Wozu? Was das bringt? Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass unser Verstand im Krisenmodus sofort anfängt in die Zukunft zu flitzen. Er kreiert Horrorszenarien darüber, was alles geschehen wird. Angst entsteht wir werden handlungs- und denkunfähig. Hilfreich ist das nicht.
Wenn wir im Augenblick bleiben und immer wieder konkret schauen was genau jetzt passiert, bleiben wir handlungsfähig. Zu viel Vorschau mit Untergang lähmt uns.
Besser:
Oh, mein Bein ist dick und tut weh > ich gehe zum Arzt.
Oh, ich habe eine Diagnose > ich informiere mich über Lösungen.
Oh, es wird schlimmer > ich gehe in ein Krankenhaus.
Oh, das Wetter macht es schlimmer > ich finde einen neuen Ort.
Schrittchen für Schrittchen. Übrigens werden Schmerzen weniger wenn sie beachtet werden und nicht mehr, wie es allgemein gesagt wird. Zumindest ist das meine Erfahrung.
Schritt zwei: Informieren. Ja auch über alternativen und ungewöhnliche Wege. Vielleicht ist ja doch was dabei. Also selbst aktiv werden oder jemanden finden der einem hilft sich zu informieren. Wie sind andere da raus gekommen. Was kann ich tun?
Schritt drei: Wege finden es umzusetzen. Im Zeitalter des Internets ist es so viel leichter geworden Mittel, Wege und Hilfe zu finden. Ernährungstipps, Bewegungsratgeber, Nahrungsergänzungsmittel etc. Die Infos sind da, ja auch kostenlos und lebbar.
Schritt vier: Dran bleiben. Verbündete suchen. Unterstützung finden. Es wird besser. Wir haben die Krise bewältigt. Wunderbar!
Mein Tipp, bleib nun unbedingt dran! Fallen wir in unsere alten Gewohnheiten zurück, taucht auch die Krise wieder auf. Klingt logisch oder?
Also: Was darf langfristig verändert werden. Wie kann ich meinen Alltag angleichen oder umgestalten. Und ja, erstmal fühlt sich das ziemlich doof an. Aber nur, bis es deine neue Komfortzone geworden ist. Dann wird es normal.
Und ja, natürlich ist mir absolut klar, dass diese Beschreibungen alle knapp und kurz sind. Und das, was ich beschieben habe ein Weg, ein Prozess der länger dauern kann. Nicht selten ist es sogar ein Lebensthema. So wie bei mir ja irgendwie auch.
Umso besser, gleich zu beginnen oder?
Aber was wäre wenn?
Wenn es sich bei einer Krise wirklich "nur"um einen natürlichen, zum Leben gehörenden Prozess handelt? Einer aus dem wir lernen und durch den wir wachsen können?
So wie Zähne bekommen oder Wachstumsschmerzen und das Altern?
Na? Merkst du was?
Haben wir eine Krise durchlebt, Lösungen gefunden und etwas verändert, sind wir ziemlich sicher daran gewachsen. Dann sind wir gereift und um einige Erfahrungen reicher. Dann wird uns das Gleiche so nicht nochmal passieren. Selbst wenn es sich anbahnt, dann wissen wir, was wir tun können. Wir sind vorbereitet. Und wir wissen, dass wir die Fähigkeit haben es zu überwinden. Wir haben es ja schon einmal geschafft. Unser Leben hat uns trainiert.
Wie genial.
Also doch? Krisen als Chancen?
Ich habe ein eindeutiges Ja. Heute, 31 Jahre später, bin ich dort angekommen wo ich sage: WOW was hätte ich alles nicht erlebt, wenn ich damals diese Krankheit nicht bekommen hätte. Ich wäre nie der Mensch der ich bin und hätte wohl so auch nicht meine Fähigkeiten als Coach.
Gönn dir eine Rückschau. Gönn dir stolz auf dich zu sein. Liebe dich dafür, dass du immer dein Bestes gegeben hast, auch wenn es sich so oft anders angefühlt hat. Und liebe dich auch, wenn du gefühlt nur einen Mikromillimeter weiter bist als vorher. Bravo! Wunderbar.
Meine klare Definition von einer Krise:
Ich will etwas anders haben, als es ist. (Funktioniert nie! Die Realität gewinnt immer.)
Ich will etwas haben, was ich nicht habe. (Klappt auch nie!)
Ich will etwas nicht haben, was ich habe. (Nicht machbar!)
Und wir spechen immer vom Jetzt, denn einen anderen Zeitpunkt gibt es nicht.
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